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Kabarett
Geisenfeld-Online


Josef Brustmann
Frech und philosophisch

Von Maggie Zurek
Bilder von Claudia Erdenreich


Heimat ist da, wo man immer wieder rein gelassen werden muss. Für Josef Brustmann ist das die "schönste Definition" des Begriffes. Zwiespältig und doppeldeutig. Wie sein neues Soloprogramm "Schöner Land in Sicht", in dem er vermeintliches Fernweh als Sehnsucht nach dem warmen bayrischen Nest entlarvt. Ohne dabei den Vogelschiss zu verschweigen, der sich bei genauer Betrachtung darin zeigt.

Mit strahlendem Lächeln, verschmitzt, spitzbübisch tritt er auf. Hat die Zuhörer in Unterpindhart sofort in der Tasche, wie er so reimend durch die Reihen geht. Frech, philosophisch. Ohne Scheu olle Kalauer und alte Stücke aufwärmend. Rücksicht auf zugroaste Hochdeutsche nimmt er nicht. Ihnen die Angst vorm "Preißenfresser Bayern" aber schon – schließlich gilt: "Was der Bayer nicht mag, des frisst er auch nicht".

Dabei spricht er seine Muttersprache in einer fast poetischen Reinheit. Mal weich und nachdenklich, mal krachert. Wer da im Saal kein Dialekt spricht, fühlt sich irgendwie verarmt. Und die andern erkennen, wie sehr ihre eigene Zunge schon von Anglizismen und sonstigem linguistischen Gschwerl verdorben ist. Und das, wo doch das Bayrische dem Englischen beim Simsen so haushoch überlegen ist. Wegen der Kürze. Statt "Was bitte hast du sagen wollen" braucht es nur ein kostensparendes "Ha".

Brustmann sinniert über die Probleme einer Jugend, der die "Oiden ois wegfressen", die sich mit Praktika statt Arbeitsstelle zufrieden geben muss. Führt den Teufelskreislauf des Tötens in weltweiten Kriegen als nie endendes "Wurst wider Wurst" ad absurdum und stellt den kommerzialisierten Katholizismus an den Pranger. Sein Fazit aus der Pilgerreise eines Ödön von Horváth von Lourdes über Fatima nach Altötting: "Der liebe Gott kann froh sein, dass es ihn nicht gibt".

Die Suche nach dem vermeintlich schöneren Land erweist sich bei seiner kabarettistischen Reise politisch, geografisch und überhaupt als Unsinn. Heimat ist in dir oder du hast sie nicht. Fast schmerzlich deutlich erzählt Brustmann dies mit Franz Schuberts Winterreise, lässt die Zither voll unerfüllter Sehnsucht erklingen. Romantik in Reinstform. Aber auf Dauer eben unerträglich. Drum kommt auch schnell Franz Supf, der etwas unterbelichtete Nachbar zu Wort. Eine Zither ist halt auch nur "ein überspanntes Loch".

So ist er, der Brustmann. Widersprüchlich, unbequem aber bei allem beißenden Spott auf kantige Art sympathisch. Bayern jedenfalls tut gut daran, Menschen wie Brustmann zu dulden (er bekäme ohnehin auf jeder Bühne Bleiberecht). Denn in seiner Kritik steckt mehr Liebe zur Heimat, als in tausend Oktoberfestherzchen.


Josef Brustmann
"Schöner Land in Sicht"

Info Kleinkunstbühne
Bilder von Claudia Erdenreich

Freitag, 16. Oktober 2009

In seinem zweiten Soloprogramm Schöner Land in Sicht rettet sich Josef Brustmann als Schiffbrüchiger auf eine kleine Insel. Nur er, eine Palme, ein Affe und seine Instrumente (Zither, Tretorgel, Grammophon, Gitarre, Absturztuba), damit er beim Singen nicht so alleine ist.

"Wo bin ich, wer bin ich, welcher Breitengrad, gibt es Internetanschluß? Etwas fliegt mir auf den Kopf, es ist eine Flugananas. Über mir im Gezweig ein Affe. Wie kommt dieser Affe hierher?" - denkt sich der Affe.

Und Josef Brustmann hält Ausschau: da wächst einer auf in einem bayerischen Nest, die Nachbarsäue heißen Hamlet, Omlett und Kotelett, da borgt sich einer eine Heimat bei Andy Borg, verliert einer seinen Herrgott wie eine Mütze, wandert ein Jodler nach Chile aus, träumt einer immer noch von Amerika …

Heimat- und Fremdenkunde, Heim- und Fernweh - und woran ihn der Knoten im Schwanz seiner Katze erinnern soll, weiß Josef auch nicht mehr!

  
  


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