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Kabarett
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Django Asül: Sprache als feines Werkzeug

Kabarettist begeistert mit giftigem Witz

Fotos : Maggie Zurek

Sein neues Programm nennt sich „fragil“ – brüchig und zerbrechlich ist jedoch allenfalls, was Django Asül an scheinbarer Sicherheit und heiler Welt aufs Korn nimmt. Er selber bleibt eine unerschütterliche Größe in der deutschen Kabarettszene. Wandelbar in der Mimik, wunderbar im Witz und giftig, wenn’s um die gesellschaftliche Wurst geht.
Das Gift, das er so wohl dosiert verspritzt, ist für den Kabarettfan wahre Medizin – die Politiker, die es vernichten könnte, sind ja von Amts wegen immun. Leider, ein wenig Bauchweh würde dem ein oder anderen wohl nicht schaden.
Zerbrechlich, so die Botschaft von „fragil“, ist alles: Die deutsche Geschichte, deren „Big Points“ (Hitler und die Wiedervereinigung) zwei Mal in einem Jahrhundert zu einem „Desaster“ geführt haben. Die Macht der CSU, die mittlerweile weiß, dass Koalition nicht heißt „die Opposition darf im Kabinett sitzen“.
Das Wirtschaftswachstum, das sich dank einer Kombination aus Blödheit, Gier und dem „kategorischen Imperativ Korruption“ ins Gegenteil erkehrt.
Und auch ganz persönlich schwappt der Mann um die 40 „an der emotionalen Insolvenz entlang“, droht am Erfolgsdruck zu zerbrechen. Psychologische Tiefensicht humorvoll verkleidet. Und manchmal eine Gratwanderung. Wenn etwa frei nach Freud die Kommunion in eine Linie mit dem Menschenopfer primitiver Gesellschaften gestellt wird, in dem perfektionierten Bestreben, sich die „Macht des Vaters“ einzuverleiben. Da geht ein Raunen durch den Saal, das nicht nur von gläubigen Katholiken stammt. Geschickt wechselt Asül das Thema, aber der Samen des Gedankens ist gesät. Und genau das ist seine Kunst.
Locker geht es immer dann zu, wenn der Kabarettist seine alter Egos zu Wort kommen lässt. Da findet es – gemessen an der Dauer des Aufenthalts in Deutschland – der Türke ungerecht, dass „eine aus der Ostzone“ vor einem seiner Landsleute Kanzler wird. Ein stotternder Fußballtrainer referiert über „Präventivität und zwar vorher“ bei ausländischen Jugendlichen.
Und dann ist da noch der „Nutrischen (Ernährungs)-Experte“ der alles Esoterische vermarktet, bis „die Aura auriert“. Szenenapplaus und herzhafte Lacher begleiten die Parodien, die bis ins Detail stimmig sind. Auch sprachlich. Überhaupt ist es eine Freude, dem niederbayrischen Türken zuzuhören.
Er benutzt das Deutsche in all seinen Facetten als feines Werkzeug um Absurditäten auf den Punkt zu bringen und Charaktere zu zeichnen. Bildet Wortschöpfungen wie „Fiskalbulimie“, die eine ganze Abhandlung über einen Staat, der immer mehr will, um immer mehr auszugeben, ersetzen. Und ist manchmal einfach nur komisch. Distanz zum Publikum hält er nicht, schwatzt zwischendrin schon mal mit der Presse, die ihn zu viel fotografiert. Nach fast zehn Jahren regelmäßiger Auftritte in Unterpindhart kennt man sich halt. Es war quasi ein Heimspiel, nach dem der Star gestärkt vom Applaus seiner Fans ganz „heil“ das Feld verlässt.

"Django Asül fragiles Sommerspecial"

Fotos von Maggie Zurek

Ein absolutes Kabarett-Schmankerl erwartet die Kleinkunstfreunde am kommenden Dienstag, 7. Juli, auf den Brettern der Kleinkunstbühne in Unterpindhart. Django Asül wird sein neues, von den Kritikern bereits sehr bejubeltes Programm „Fragil“ präsentieren.
Wenn man einen Kabarettisten den hiesigen Kleinkunstfreunden nicht mehr vorstellen muss, dann ist es der türkische Niederbayer oder niederbayerische Türke Django Asül.

Alle seine drei bisherigen Programme (Hämokratie, Autark, Hardliner) hat er hier präsentiert und auch schon etliche Male den Hallertauer Kleinkunstpreis moderiert. Er schreibt eine Kolumne für den Donaukurier, war 2007 Nockherber-Festredner und sorgt als eben diesem seit 2008 beim Maibock-Anstich im Hofbräuhaus für Furore.
Asül ist ein „grandioser Beobachter seiner beiden Welten“ und biete „Unterhaltung auf höchstem Niveau“ schreibt die SZ, und die AZ spricht von einer „Leviten-Lektüre als großes, intelligentes, sprachgewaltiges Entertainment“.
Die TZ schließlich meint kurz und bündig: „Hingehen, aufpassen und genießen“. Wir werden sehen welche der Kritiken am ehesten passt.

Fragil - das Wort stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie zerbrechlich. Gut, man hätte das Programm auch „zerbrechlich" nennen können. Aber Fremdwörter klingen nun mal irgendwie intelligenter. Und welcher bescheidene Künstler gibt sich nicht gerne der leisen Hoffnung hin, dass auch oder gar vor allem Intelligente den Weg in die Vorstellung finden?

Doch selbst dem Pseudo-Intelligenten dämmert langsam: Fragilität ist in der Tat zum Alltagsphänomen geworden in unserer Gesellschaft. Von oben bis unten, von quer bis rüber und von wegen bis überhaupt sind wir umgeben von fragilen Strukturen. Letzten Endes ist sogar das einst stabile Deutschland fragiler als erwartet. Die Politik lässt nichts unversucht: Die Armen fühlen sich im Stich gelassen, die Reichen verfolgt und die Leistungsträger ausgebeutet.

Und so bohrt sich das Fragile in alle Lebensbereiche: Ob Familie, Arbeitsplatz, Freizeit oder Schule - eine vom Staat ungewollte, aber dennoch veranlasste Verwahrlosung macht sich überall breit. Und der Bürger ist endgültig Staatsfeind Nummer eins. Das Misstrauen ersetzt das Gemeinsame und macht das Fragile an sich zum Perpetuum Mobile.

Was bleibt einem über, wenn man alles über hat? Auswandern? Kapitulieren? Betrügen? Das wäre fad. Django Asül will erst mal die Situation für und um sich klären und stellt fest: Leicht ist es nicht - aber lustig! Denn neue Fragen tauchen auf: Ist es sinn- und identitätsstiftend, Deutscher zu werden?

Was tun, wenn Mann merkt, dass seine biologische Uhr tickt? Wieso zersplittert Europa auf dem Weg zur Einheit immer mehr? Wie wirkt sich das auf das Klima aus? Steht beim Migrationshintergrund am Ende gar die Frustration im Vordergrund?

Aber wie heißt es so schön: Wer nicht vor der eigenen Tür kehrt, kann sinnlos Staub aufwirbeln. Deshalb versucht Django Asül, zumindest mit sich ins Reine zu kommen. „Fragil" ist also auch der ultimative Test, wie viel Gruppendynamik ein Individuum vertragen kann.
Karten für das Gastspiel von Django Asül gibt es noch an den bekannten Vorverkaufsstellen, eventuelle Restkarten dann an der Abendkasse.


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