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"Voices of Gospel": Glauben kann tierisch viel Spaß machen

PK vom 12.11.2003, M.Zurek
Fotos : Miek Michielsen


So mancher, der am Sonntag die Geisenfelder Stadtpfarrkirche verließ, mag sich gefragt haben, ob er nun ein Konzert oder einen Gottesdienst besucht hat. Ganz gleich, wie die individuelle Antwort ausfallen mag: Ein beeindruckendes Erlebnis war der Auftritt Albert C. Humphreys und seiner "Voices of Gospel" in jedem Fall. Nahezu 400 Zuhörer drückten ihre Begeisterung in anerkennenden Pfiffen, Rufen und nicht enden wollendem Applaus aus, der in ein gemeinsam angestimmtes "Amen" mündete.

Schon von der ersten Minute an hatte das Münchner Ensemble, dem Sänger und Sängerinnen aus aller Welt angehören, die Besucher in seinen Bann geschlagen · mit einer außergewöhnlichen Auswahl an Chorliteratur, die zu einem Großteil aus den Hymnen der baptistischen Kirchengemeinden Amerikas stammt. Wie ihr Dirigent und Leadsänger erklärt, wird er immer wieder aufs Neue in den gläubigen Gemeinden der Slums von Los Angeles, aus denen er selber stammt, "fündig". Die Lieder strotzen von elementarer Kraft, sind uns in ihrer schwierigen Rhythmik und außergewöhnlichen Harmonik fremd, packen uns aber im Innersten, zerren Gefühle hervor, die wir in unser mitteleuropäischen, "coolen" Art normalerweise im Zaum halten.

Fingerschnippend lassen sich die Kirchenbesucher von jazzigen Elementen in "We`ve come this far by faith" mitreißen, swingen mit bei dem Appell "If you confess the Lord, call him up" und schwelgen in sentimentalem Wohlgefühl, wenn als eines der wenigen Traditionals das alte Spiritual "Pass me not" erklingt. Hervorragende Stimmen im Chor und beeindruckende Solisten tun das ihre, um die emotionale Botschaft gelungen "rüberzubringen". Da ist die zierliche Melinda Sedlmayer, die mit einem mehroktavigen Stimmumfang und dem Volumen einer Rocklady ihr Gotteslob erklingen lässt.

Caroline von Bruenken, erst 18 Jahre alt, drückt mit ihrem ebenso warmen, wie kraftvollen Alt mehr religiöse Überzeugung und musikalische Lebensweisheit aus, als manch "alte Diva" es vermag. Von Micki Sedlmaier mit ihrer Soul-Power hätte man sich mehr als nur das gewährte kurze Zwischenspiel gewünscht. Christian Deussek schließlich bewies als Solo-Tenor großes Talent. Leider fehlt es ihm noch etwas an der nötigen Durchsetzungskraft gegen die Damen. Oder sollte dies an der Aussteuerung der Anlage gelegen haben? Ein herausragendes Lob gebührt dem "Mann am Keyboard". Virtuos und von enormem "Taktgefühl" braucht er sich nicht an Noten festzuklammern, sondern kann seiner Improvisationslust schon mal freien Lauf lassen.
Und dann ist da noch der "Chef" der Truppe. Wie kann man Albert C. Humphrey beschreiben? Ein bisschen Clown, ein wenig Kabarettist und ein Meister der Show? Ein Chorleiter, der seine Sänger und Sängerinnen mit choreographischen Einlagen ebenso im Griff hat wie mit theatralischer Gestik? Ein stimmgewaltiger Sänger, dessen raues Timbre unter die Haut geht? All diese Facetten treten jedoche zurück hinter dem musikalischen Prediger, der mit missionarischem Eifer die Heilsbotschaft eines liebenden Gottes (in liebenswertem Bayrisch mit amerikanischem Akzent) verkündet. Psychologisch geschickt "umschifft" er die Klippen religiöser Pathetik, indem er punktgenau eine witzige Pointe oder gar einen Kalauer setzt. Glauben ist Zuversicht, Nächstenliebe und Geborgenheit · und er kann tierisch viel Spaß machen. "Thank you, Albert" für diese Erkenntnis.

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