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Schmunzeln und Gänsehaut

Text: Maggie Zurek
und Bilder nicht erlaubt

Eine "absolute Premiere" hatte Jürgen Staudt den Gästen im Sitzungssaal des Geisenfelder Rathauses in seiner Begrüßungsrede versprochen. Schließlich lautete der Titel der Lesung am Samstag im Rahmen der Kulturtage "Erotisches vom Oskar", und normalerweise sei es eher "dem Wortbeitrag eines Vorredners" zu danken, wenn hier das Blut in Wallung gerate, so der Stadtrat schmunzelnd.

Tatsächlich kamen die Besucher in den Genuss von etwas in dieser Art hier noch nicht Erlebtem. Monika Manz gelang es, die sprachliche Vielfalt Oskar Maria Grafs mit einem feinen Gefühl für Nuancen herauszuarbeiten. Poetische Bilder erwachen zum Leben, wenn sie mit Bolwieser im Schlafzimmer voll "lüsterner Bedachtsamkeit" und "gieriger Zuversicht" der vergangenen Liebesnacht nachspürt.

Und man sieht sie förmlich vor sich, die "reschen Weiber", die da im bayrischen Dekameron die Fantasie "dreckiger Sauhammel" auf Hochtouren bringen. Von der verlogen säuselnden Gattin bis zum orgiastisch grunzenden Bauern verleiht ihnen Manz ihre Stimme, mimisch ergänzt mit schauspielerischer Finesse. Doch der revolutionäre Antifaschist Graf, dessen Bücher 1934 verbrannt wurden, hat mehr zu bieten, als Lüsternheit und Lebenslust.

Schleichend kriecht in der Gestalt von Franz Eibentaler nicht nur der Widersacher des Postinspektors Sittinger in dessen Eheleben, sondern auch das nationalsozialistische Grauen unter die Haut des Zuhörers. Aus einem Schmunzeln wird spätestens beim Aufschrei "Rache für Eisner" eine Gänsehaut.

Michaela Dietl, eine urige Mischung aus clownesker Pippi Langstrumpf und versunken musizierendem Bohémien, unterstreicht die theatralische Wirkung des Vortrags auf unkonventionelle Weise. Mit vollem Körpereinsatz an der Ziach kommentiert sie die bayrischen Passagen als lallendes "bsuffnes Wogscheitl" oder kikeriki-ender "scheener Ho". Versetzt den Zuhörer lautmalerisch in die Straßentumulte der ausklingenden Räterepublik. Oder versinkt in romantischen Improvisationen.

Jedermanns Sache ist das Programm sicher nicht. Goldrichtig ist es aber für all jene, die Oskar Maria Graf als einen der größten Schriftsteller seiner bayrischen Heimat schätzen. Er war eben einer, der sich "nix scheißt" und bis zu seinem Tod im amerikanischen Exil die geliebte Lederhose nicht ablegte. Manz und Dietl haben sich für Zöpfe und rote Strümpfe entschieden. Ganz symbolisch.

Erotisches vom Oskar
Texte von Oskar Maria Graf

Monika Manz, Schauspiel & Michaela Dietl, Akkordeon, Vocals

Text und Bilder: Presseinfo

Spitzbübisch, urwüchsig und frivol sind Oskar Marias Grafs Geschichten. Den Frauen der München Bohème soll er zugerufen haben "Mehr Erotik bitte!". In seinem bayerischen Dekameron beschreibt er schamlose Weiberleut' und Ehemänner mit Geweih auf dem Kopf, derbe Mägde und hinterfotzige Knechte - er entwirft ein Sittengemälde des einfachen Landvolks von dessen Leben er unverkünstelt und unverstellt erzählt.

Die Münchner Schauspielerin Monika Manz schickt Grafs Texte mit derartiger Gewalt übers Publikum, dass sie lebendig werden. Sie bellt bayerische Beleidigungen, schluchzt in bitteren Träumen, kreischt vor Entrüstung oder lässt ihr Lachen scheppernd durch den Saal hallen, nur um die schmerzverzerrte Fratze, das glücksbesoffene Wirtshausgesicht mit einem Streich vom Gesicht zu wischen und sich wieder in den unbeteiligten, leicht süffisanten Erzähler zu verwandeln.

Man kennt die bayerische Vollblut-Schauspielerin durch Inszenierungen bei den Theaterfestspielen Wunsiedel aber auch durch ihre Filmrollen in "Wer früher stirbt ist länger tot", "Polizeiruf 110", "Der Bulle von Tölz" oder die "Frau Lust" in "Erkan & Stefan".

Das sinnliche Erleben wird von der Musikerin Michaela Dietl (Akkordeon, Stimme) untermalt und forterzählt, wenn sie beherzt in die Tasten greift, heimatliche Töne gekonnt und munter verfälscht, ihrer Kehle gurrende, klirrende und auch urmännliche Laute entlockt, singt und spielt, was das Zeug hält oder mit Monika Manz vergnügt Zwiesprache hält.
Michaela Dietl schreibt und singt ihre eigenen Lieder und Texte, sie komponiert Film- und Theatermusik, sie erstellt eigene Soloprogramme und arbeitet in den verschiedensten Formationen mit anderen Musikern und Künstlern. Der BR widmete ihr 2007 Lebenslinien: "Michaela und ihre Quetschenweiber".

Samstag, 14.11., 20:00 Uhr
Sitzungssaal des Rathauses

Eintrittspreis 10,00 €


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