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Geisenfelder G'schichten
Geisenfeld-Online

Von Hanfpumpsern und Saubangatn

erzählt von Max Steinberger


a wächst doch tatsächlich, wie unlängst in der Heimatzeitung berichtet in unserem Gottesacker ein Hanfstingl. Vielleicht ist dies ein Fingerzeig für die Geisenfelder, sich mal an die eigene Identität zu erinnern - denn die hat viel mit dem heute so verteufelten Hanf zu tun.

er moderne Mensch unserer Zeit weiß zwar, dass aus Hanf Haschisch oder Mariuana gewonnen wird, aber welchem Geisenfelder ist heute noch bewusst, dass vor 200 Jahren, als der Hopfen noch kein Handelsgut war, der Flachs- und Hanfanbau der wichtigste Wirtschaftszweig in unserer Gegend war?

er Hanf wurde in unserer Mundart "Hor" genannt. Der Hor wurde nicht abgemäht, sondern ausgerissen, um eine möglichst lange Faser zu gewinnen. Der schöne Hausname "Horreißer" in Zell kündet noch von dieser Zeit. Der Horreißer war also kein Raufbold, der anderen Menschen die Haare ausriss, im Gegenteil, die "Horreißer-Christa"wurde, auch wegen ihrer schönen Haare 1989 sogar zur Hallertauer Hopfenkönigin gewählt.

erauft wurde früher bei Dulten, Jahrmärkten oder Festen, freilich auch - oft deshalb, weil sich die Burschen die kollektiven Spitznamen nicht gefallen lassen wollten. Da gab es zum Beispiel die "Vohbuger Kienstöck", die Köschinger Mantelflicker" oder die "Pförringer Leberwürscht". Und unsere Altvorderen? Die waren weit und breit als "Geisenfelder Hanfstengel" bekannt.

ber wer von den jungen Leuten weiß heute überhapt noch was "a Kea" (Kien) oder gar "a Röß" ist? Im Gemeinderecht in Holzleiten umfassten neben den Hutrechten - gemeint waren damit keine Kopfbedeckungen, sondern das Hüten von Viechern - auch das Recht der Anwesenbesitzer, den Hanf in der Holzleitner Röß zu wässern um die Stengelhülle zu sprengen, die später als "Gänswoad" genutz wurde. Rößen oder Rötz'n waren mehr oder weniger große Wasserlachen, wie wir sie noch heute linksseitig an der Parleitner Straße zwischen Geisenfeld und dem Gut Scheuerhof finden.

 

Die Holzleitner, Parleitner und Eichelberger Hanfbauern produzierten einst eine hervorragende Handelsware, die bis nach Schwaben und Franken verschickt wurde.

ie Hanfbauern des Ilmtales wurden als "Hanfpumpser" derbleckt. Dieser Ausdruck hat aber nichts mit der heute üblichen "beischläfrigen" Bedeutung zu tun. Schon Schmeller schrieb in seinem Bayrischen Wörterbuch "O'pumpst, Herr Pfarra, das ist nicht dem so, wie sie meinen." Neben den Fasern wurden auch die ölhaltigen Körner des Hanfes und des Flachses verwendet, in den Mühlen an der Ilm ausgepresst und auf diese Weise Leinöl und Leinkuchen produziert. Der monotone Arbeitsrhytmus der Ölstampfer erzeugte jenes dumpfe Geräusch, zu dem die Hopfenbauern "pumpsen" sagten; deshalb der Spitzname "Hanfpumpser".

n den Wintermonaten wurden die Flachsfasern versponnen. Dabei trafen sich abends Bäuerinnen und Mägde abwechslungsweise in den verschiedenen Höfen. Man saß auf der Ofenbank, ratschte und schäkerte. Natürlich locken solche Ansammlungen ländlicher Grazie auch die Burschen an.

icht alle Spinnerinnen waren "Linnerne", und die Flaxen auf der Ofenbank blieben manchmal nicht ohne Folgen. Manchmal erblickte nach neun Monaten ein neuer Erdenbürger, eben ein "Bankert", das Licht der Holledau - als bleibende Erinnerung an eine Nacht, in der man gesponnen hat.

bwohl die Frauen heute nicht mehr spinnen, ist der Schimpfname "Bangat" erhalten geblieben. "Miserable Saubangatn" waren früher zum Beispiel Rotzbuben, die ausgerissene, langstielige Sonnenblumen als Malerbürsten benutzten, indem sie dieselben in die Odelgrube tauchten und frisch gekalkte Hauswände nachträglich braun anmalten.

egen der geringen Geburtenzahl sorgen sich heute viele Menschen um ihre Rente. Das kommt daher, weil die modernen Frauen statt Spinnräder Pillen drehen und es deshalb zu wenig Bangatn gibt.