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Chronik zu Geisenfeld bei
Geisenfeld-Online

Der Wasserturm


Geisenfelder Zeitung, PK Nr. 106 vom Samstag/Sonntag, 8./9. Mai 2004

Der Wasserturm: Eigentlich hätte er viereckig werden sollen

Noch aus dem Dritten Reich stammten die Wasserleitungen in der Augsburger Straße, die in den vergangenen Wochen ausgetauscht wurden. Genauso alt ist der Geisenfelder Wasserturm, mit dessen Bau 1933 begonnen wurde und dessen Fertigstellung 1934 sich heuer zum 70. Mal jährt. Anlass für die Heimatzeitung, einmal auf die Geschichte des Bauwerkes zurückzublicken, das heute zu den Geisenfelder "Wahrzeichen" gehört. Wer etwa hätte gewusst, dass das Gebäude ursprünglich viereckig werden sollte?



Der Vorsitzende des Heimatmuseums
Herbert Helmberger mit dem
70 Jahre alten "Wasserturmkrug"

Das Wasserleitungsprojekt in Geisenfeld, das bereits Anfang der 30er Jahre eingeleitet worden war, wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 weitergeführt · freilich anders als ursprünglich vorgesehen. So war zunächst die jüdische Baufirma Bernheimer aus Augsburg bei dem Projekt federführend gewesen. Mit dieser wurde die Zusammenarbeit nun beendet, weil man keinen "Juden-Wasserturm" haben wollte. Stattdessen wurde die Baufirma Wayss & Freytag aus München mit der Aufgabe betraut, und diese legte - wohl, um sich abzugrenzen - eine Planung mit einem zwölfeckigen und fast rund wirkenden Turm vor. Angebotspreis für das Bauwerk: 54 400 Reichsmark.

Die Arbeiten begannen im August 1933 und bereits im März 1934 konnte Richtfest gefeiert werden. Bei der offiziellen Hebauffeier wurde im Übrigen aus einem Gefäß getrunken, das aus feinem Arbeitsbeton besteht und das den Wasserturm als Modell darstellt. Der vier Liter fassende, originelle Krug befindet sich noch heute im Hopfen- und Heimatmuseum. Mit der Errichtung des Wasserturms als Speicher- und Druckbehälter begann auch die erfolgreiche, 53 Meter tiefe Quellbohrung am Wettermühlweg, und im Laufe des Jahres 1934, heuer vor 70 Jahren, war es dann soweit: Die Geisenfelder konnten die Wasserhähne aufdrehen und ihre alten Brunnen verfüllen.

Der Geisenfelder Wasserturm ist 54 Meter hoch. Bis zu den Wasserbehältern führt ein gemauertes Treppenhaus mit Stufen nach oben. Außer dem Erdgeschoß befinden sich im Turm noch vier umlaufende, hohe Räume, von denen einer bis 1953 vom Turnverein als sportliches Winterdomizil genutzt wurde. Durch die jetzt leeren Wasserbehälter gelangt man über eine eiserne Wendeltreppe in den abschließenden Aussichtsraum. Von hier kann der außenliegende Rundgang betreten werden, von dem man - Schwindelfreiheit vorausgesetzt - einen herrlichen Ausblick auf die Baggerseen sowie das Ilm- und Donautal hat. Bei Föhn reicht die Sicht bis zur Kelheimer Befreiungshalle und zur Alpenkette. Mitte der 70er Jahre wurde eine zentrale Feuersirene auf dem Wasserturm installiert. Am Fuße des zwölfeckigen Turms befand sich 25 Jahre lang, bis 1971, das hölzerne Kirchenprovisorium der evangelischen Christen in Geisenfeld.

40 Jahre nach Errichtung des "Geisenfelder Wahrzeichens neuer Zeit" beschloss der Stadtrat den Beitritt zur Wasserversorgung Ilmtalgruppe, der dann endgültig 1977 erfolgte. 1980 wurde der Turm samt umgebendes Areal an einen Geisenfelder Geschäftsmann verkauft und in der Folge als Lager genutzt. Planungen zur Umgestaltung für eine Wohnraumnutzung sind an brandschützerischen Problemen gescheitert.

Sporadisch fand er in den vergangenen Jahren eine Nutzung als - überaus origineller und passender Raum für Ausstellungen - etwa bei den "Hollezinogenen Tagen" 2001. Heute ist lediglich die Spitze des Turmes in Gebrauch: als Basis für Mobilfunkantennen.

Schwindelfrei waren offenbar diese
Arbeiter, die beim Bau des
Wasserturms im luftiger Höhe
gerade ein Päuschen einlegen.

 

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