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Art City
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Die Geisenfelder JustitiaDer Geisenfelder, Michael
Werner, 22.08.2007
Fotos : Miek Michielsen |
Eines der ältesten, nahezu unverändert
erhaltenen Gebäude Geisenfelds ist das Alte Rathaus. Im Dreißigjährigen
Krieg 1626 fertiggestellt beherbergte es die städtische Verwaltung.
Angesichts der geringen Einwohnerzahl von 900 Personen schmückte
sich Geisenfeld mit einem verhältnismäßig imposanten
Symbol weltlicher Macht und präsentierte damit den Reichtum des
Marktes. |
Noch heute dient sie der Justiz als Symbol der weltlichen Gerichtsbarkeit. Schöpfer der Sitzfigur ist der Berchtesgadener Bildhauer Balthasar Stoll, der sie aus Stuckmörtel vermischt mit Kälberhaaren fertigte. Mit der Waage auf dem Knie - Sinnbild für das Abwägen eines Falles -, in der rechten Hand das Richtschwert als Zeichen für die harte Vollstreckung eines Urteils und dem Gesetzbuch in der linken Hand ziert Justitia die Giebelfront des heutigen Heimatmuseums. |
Ein wesentlicher Unterschied
jedoch zu den üblichen Justitia-Darstellungen betrifft ein fehlendes
symbolträchtiges Element: die Augenbinde. Die verbundenen Augen
gängiger Skulpturen der Gerechtigkeitsgöttin soll die Urteilsfindung
ohne Ansehen der Person, ihres Standes und dem im 17. Jahrhundert besonders
entscheidenden Faktor der Religion illustrieren.
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Eine Idee, die jedoch erst in der Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts zur Geltung kam, als Philosophen wie Immanuel Kant oder Jean-Jacques Rousseau jedem Menschen die Gabe der Vernunft und Freiheit zusprachen und Standesunterschiede entschieden in Frage stellten. Ein architektonisch umgesetztes Umdenken hat in Geisenfeld nicht stattgefunden. Dafür kann man sich über den originalen Erhalt der über 350 Jahre alten Skulptur freuen. Heute steht das Rathaus über der alten Schrannenhalle der Justitia genau gegenüber. Sie richtet ihren Blick somit nicht mehr nur auf die vorbeilaufenden Bürger, sondern auch auf die weltliche, gewählte Macht der Stadt selbst. |