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Wer die Vergangenheit nachäfft...

Gedanken zum Aussehen unserer Nepomukstatue

Verfasst von unserem Altbürgermeister und Ehrenbürger Max Steinberger
Hanfstingl Dezember 2005
Bilder : Miek Michielsen, Peter Mühlbacher


Bei großen öffentlichen Bauvorhaben mit einer entsprechend hohen Bausumme ist ein kleiner %-Anteil für die "Kunst am Bau" vorgesehen. Deshalb verdanken wir meiner "Herzensangelegenheit" Hochwasserfreilegung von Geisenfeld auch zwei Kunstwerke, die von der Regierung finanziert wurden. Zum einen die Stele an der Gellertbrücke. Zum anderen die Nepomukstatue an der Eglbrücke, deren Aussehen mir besonders am Herzen lag, weil sie auch ein Stück Geisenfelder Tradition verkörpert.
Die Form der Stele mit dem Storch obendrauf ergab sich wegen der Nähe zur Storchenwiese von selbst. Wie aber sollte die Skulptur des heiligen Nepomuk passend zur heutigen Zeit aussehen?
Mir war klar, dass sie absolut nichts mit der mystisch verklärten Gestalt der früheren Nepomukstatue an der alten Ilmbrücke gemein haben sollte, die nebenbei bemerkt, eine so magische Anziehungskraft auf den alten "Wolfe" hatte - wie aus meinen Geisenfelder G'schichten bekannt - , und die noch heute im Geisenfelder Museum zu sehen ist.

Zusammen mit dem beauftragten Künstler Bernd Holger Emmler entwarfen wir in zahlreichen und intensiven Gesprächen das Bild unseres jetzigen Nepomuk. Dabei inspirierte mich die Ansicht Gottfried Sempers: "Wer die Vergangenheit nachäfft, begeht Plagiat, spricht der Gegenwart die Existenz ab." Deshalb sollte ein anderer, unserer Zeit entsprechender Nepomuk entstehen.
Eine "schöne", sanfte, verklärte Barockfigur des Märtyrers und Heiligen kam für mich also nicht in Frage, wie man sie sonst landauf, landab antreffen kann.
Es sollte eine Brückenstatue entstehen, passend zum Standort an einer sehr verkehrsreichen Straße; selbstverständlich zum Kloster deutend, um auf die klösterliche Vergangenheit Geisenfelds hinzuweisen.

Ich weiß, dass viele die strengen Gesichtszüge unseres Nepomuk als sehr provozierend empfinden. Doch gerade dieses Gestaltungselement war mir sehr wichtig. Die stets in großer Eile vorbeihastenden Menschen sollen durch absichtlich überzeichnete scharfe, strenge Gesichtszüge zum Nachdenken aufgefordert werden. Sie sollten auf einen Blick erfassen können, was die Figur ausdrücken will. Es ist nicht gleich, ob eine Skulptur in einer Kirche steht, in der sich der Betrachter Zeit und Muße nimmt oder im Freien.

Der zugegebenermaßen strenge Blick mit den stark hervortretenden Augenwülsten und der hohen Stirn bringt die Ernsthaftigkeit unserer Zeit zum Ausdruck, welche geprägt ist durch Terrorismus und Katastrophen. Barocke Verklärung passt nicht zum Jetzt.

Wir brauchen jemanden, der mutig und entschlossen auftritt als Zeuge des Glaubens und Mahner gegen den Terrorismus und die Ungerechtigkeit in unserer Welt. Eine Skulptur muss deshalb im herkömmlichen Sinn nicht schön sein. Vielmehr kommt es darauf an, dass eine Figur das ausdrückt, was sie aussagen soll. Meiner Meinung nach wurden diese Vorgaben vom Künstler bestens umgesetzt.
Mit der schlanken, großen Gestalt auf einer über zwei Meter hohen Säule ist in Anlehnung an den Renaissancekünstler Andrea Mantegna ein erhabener, furchtloser Nepomuk entstanden, zu dem der Betrachter aufschauen muss, der seinerseits aber durch den vorgesetzten Fuß einen Schritt auf die Menschen zugeht. Diese Größe und Erhabenheit wird noch' weiter unterstrichen durch den weit in den Himmel ragenden Stab mit dem Zeichen des Kreuzes, den unser Nepomuk in der Hand hält. Sonst wird er immer als gebeugter frommer Mann mit dem Kreuz im Arm dargestellt.

Besonders gelungen ist für mich der detaillierte Faltenwurf des Gewandes. Angesichts von Vandalismusgefahr, Schmierereien und zunehmender Luftverschmutzung bin ich froh, dass wir uns nach reiflicher Überlegung im Stadtrat für die Ausführung in einer Bronzelegierung und nicht für einen weißen Marmorstein entschieden haben.

Der als Brücken- und Volksheiliger verehrte Nepomuk wird traditionell meistens mit Heiligenschein und Sternenkranz dargestellt. was sonst nur der Mutter Gottes vorbehalten ist. Dies geht auf die Überlieferung zurück, dass sich auf dem Wasser Sterne gebildet haben sollen, als er in Prag in die Moldau geworfen und ertränkt wurde, nachdem er das Beichtgeheimnis nicht verraten wollte.

Ob Sie nun meine Meinung zu unserem Nepomuk teilen oder ihn gar jetzt mit anderen Augen betrachten, ist selbstverständlich Ihrer persönlichen Meinung vorbehalten. Jeder hat da seinen eigenen Kunstgeschmack. Jedenfalls bin ich unserem Künstler dankbar, dass er einen für uns einzigartigen Nepomuk geschaffen hat und kein Imitat. Zum Schluss empfehle ich Ihnen zum Vergleich einen Blick auf die Nepomukfigur zu werfen, die auf der Konrad-Adenauer-Donaubrücke in Ingolstadt steht.


Nepomukfigur aus Prag mit dem oben erwähnten Sternenkranz.

Viel Lob für neuen Brückenheiligen

Neuer Geisenfelder Nepomuk drei Jahre nach Auftragserteilung eingeweiht

Gerhard Kohlhuber, GZ. Samstag, 13. September 2003
Bilder : Miek Michielsen


"A bisserl dürr is er", meinte einer, und ein anderer wunderte sich, warum er "gar so streng schaugt". Die allermeisten der rund 50 Zaungäste, die sich gestern Vormittag an der Eglbrücke versammelt hatten, waren jedoch mit den geladenen Festgästen der Ansicht, dass er "eigentlich recht schee worn is", der neue Geisenfelder Nepomuk, der gestern Vormittag enthüllt und feierlich geweiht wurde · fast auf den Tag genau drei Jahre, nachdem ihn die Stadt beim Künstler in Auftrag gegeben hatte.

"Gut Ding will Weile haben" war dann natürlich auch das Sprichwort, das Bürgermeister Josef Alter bemühte, als er in seiner Begrüßungsansprache auf den immer wieder hinausgeschobenen Fertigstellungstermin zu sprechen kam. "Auch mein Amtsvorgänger Max Steinberger, der sich sehr dafür eingesetzt hat, das wir dieses wunderschöne Kunstwerk erhielten, hatte hier sicherlich einige schlaflose Nächte", meinte Alter. Das Warten habe sich aber gelohnt, "wir stehen jetzt vor einem Kunstwerk, das weit über unsere Stadtgrenzen hinaus Beachtung finden wird".

Ausdrücklich bedankte sich Alter beim Bezirktag für die Übernahme eines Großteils der Kosten und übergab das Wort an dessen Vizepräsidenten, Josef Mederer.
Die Neue Figur, so Mederer, solle symbolisch für die Stadt nicht nur den Schutz für die Brücke übernehmen, sondern auch für alle Hochwasserschutzeinrichtungen, die ihre ersten Bewährungsproben bestanden hätten und von der Bevölkerung sehr gut angenommen würden. Gemeinsam enthüllten der Bezirkstags--Vize" und Josef Alter dann die auf einem grauen Granitsockel stehende, mannshohe Bronzefigur, deren ausladende Arme offen und "kommunikativ" wirken sollen.

Nachdem die Ehren- und Zaungäste einen ersten Eindruck von der filigran gearbeiteten Figur gewinnen konnten, deren Gestik den Blick des stadteinwärts Fahrenden auf das Klosterensemble lenkt, vollzogen Pfarrer Thomas Stummer und Pfarrer Roland Fritsch die kirchliche Weihe.

In kurzen Grußworten würdigten auch Wasserwirtschaftsamtsleiter Benno Blaschke und Erich Deml in seiner Funktion als stellvertretender Landrat das Kunstwerk. Diese schöne Statue, so Deml, solle "über alle Zeiten hinweisen auf den Wert christlicher Tugenden und die Erhaltung unserer schönen Heimat".

Als letzter ergriff dann mit Bernd Holger Emmler auch der Künstler selbst das Wort. Es sei schon immer sein Traum gewesen, einen "christlichen Brückensouverän" zu schaffen und seine künstlerischen Eingebungen diesbezüglich "in die Realität zu transformieren". Sein Bestreben, hier "etwas Klischeefreies, Neues, Originelles" zu schaffen, sei der Grund für den "überlangen Zeitraum", für den er "die persönliche Verantwortung" übernehme.

Nach dem Festakt äußerte sich der Künstler gegenüber einigen Interessenten dann etwas detaillierter. Haube, Brustkreuz und Stab seien "völlige Neukreationen" und bei der Modellierung des Kopfes habe er besonderen Wert auf eine "strenge, christliche Würde" im Gesichtsausdruck gelegt. Auf die Frage, warum der Nepomuk seinen Stab nicht in der Hand halte, sondern dieser vor dem Körper befestigt ist, ließ Emmler wissen, dass man sich aus statischen Gründen dazu entschlossen habe.

Und wie gefällt die Figur Altbürgermeister Steinberger als dem "geistigen Vater" des neuen Nepomuk? Er sei "sehr zufrieden" antwortete er. Dem Künstler sei hier eine "völlige, auf Geisenfeld bezogene Neuinterpretation" des Brückenheiligen gelungen. "Das ist doch etwas Schöneres als die 1610. immer gleiche oder ähnliche Nepomukfigur".

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