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Minimales Orchester · maximaler Sound

"Unsere Lieblinge" überzeugen mit originellem Repertoire Publikum in Unterpindhart

Geisenfelder Zeitung, Magdalena Zurek
Montag, 17.01.05
Fotos : Hans Galler (1 - 3) und Maggie Zurek (4 - 5)


Noch ist sie in keinem Musiklexikon zu finden, die "Kombinations-Serenade". Auch "australisch-dänische Königs-Medleys" sucht man vergebens, ganz zu schweigen von "umgekehrten Entwicklungshilfe-Songs". Und so mangelt es denn an Formulierungsvorgaben, um das, was es am Freitag in Unterpindhart zu hören gab, passend in Worte zu fassen. Glücklicherweise hängt der Erfolg eines Programms nicht daran, wie gut man es in Schubladen pressen kann. Im Gegenteil.

Mit einem Orchester am Rande zum Existenzminimum, einem höchst eigenwilligen Repertoire und musikalischem Talent im Überfluss begeisterten Alexander Haas und Stefan Noelle alias "Unsere Lieblinge" ihr Publikum.

Als Arrangeure und Komponisten bürsten diese beiden Bekanntes gegen den Strich, führen nach eigenem Bekunden "zusammen was nicht zusammen gehört" · assoziieren die "Bar zum Krokodil" mit einem "Crocodile Rock" und texten den blauen Augen, die so sentimental machen, einfach ein drittes hinzu.

Was der Qualität der Melange keinerlei Abbruch tut, schließlich erhält die Schuld des Bossanova in Moll irgendwie eine neue Dimension, zumal wenn in Unterpindhart auch noch der Hopfenschnaps als Sündenbock herhalten muss. Die Grenzen zwischen geprobter Inszenierung und Improvisation sind bei diesem Duo eben fließend, gerade so wie dessen Übergänge zwischen den Stilrichtungen. Alex Haas entlockt seinem Kontrabass mit Bogen, Finger und Plektrum Effekte, die gelegentlich die Saiten zu sprengen drohen.

Von seinem Kollegen allein gelassen schwingt er sich zu einem rhythmisch immer dichteren Solo auf, das dem Resonanzkasten die sanften Klängen eines Didgeridoo, den Ruf des Muezzin und die Geräusche einer südländischen Sommernacht entreißt, um mit einem Glockenschlag zu enden.

Besen, Rute, Ellbogen und Schuhe dienen hingegen Stefan Noelle als Hilfsmittel um allem und jedem einen virtuosen Takt zu entlocken. Selbst Mikrofone und Gardinen bleiben da nicht verschont.

Doch auch die menschlichen Stimmbänder gehören durchaus zum Instrumentarium der beiden, sie dienen als Posaune, künden im gackernden Furioso bei "Ghostriders in the Sky" einen Szenenwechsel an oder mutieren mal eben zum Dornbusch, der vom Winde losgerissen durch Westernstädte geistert.
Rein gesanglich verständigen sich die Herren im leichtfüßigen Falsett ebenso routiniert, wie im sonoren Bariton mit Zwerchfellstütze, wobei sie Oktavhürden "en passant" nehmen. Einst röhriger Rock erhält bei ihnen eine regelrecht romantische Note, sie sind halt sanfte "Tiger". All das wäre jedoch nur halb so amüsant ohne den feinen Wortwitz, die spitzbübischen Schelmereien und das sichtliche Vergnügen an spontanen Einfällen, das die beiden Musiker auszeichnet. Die Zuschauer dankten mit wiederholtem "Szenenapplaus" und ahnhaltende Bravorufen.


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