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Kabarett
Geisenfeld-Online


Entlarvender "Mutanfall" am Angststandort Nummer eins

Geisenfelder Zeitung, Magdalena Zurek
Samstag, 27.09.05
Fotos : Hans Galler

Wenn Helmut Schleich als geborener Angsthase in einem "Mutanfall" endlich mal zurückschießt, dann ist Deckung geboten · in Unterpindhart wie anderswo. Denn die Büchse des Kabarettisten streut weit und trifft gleich mehrfach ins Ziel. Richtig verletzt wurde am Wochenende beim Rockermeier jedoch niemand. Im Gegenteil: Paradoxerweise forderten die Opfer des Angriffs am Ende noch "mehr" · was sie auch in Form dreier zusätzlicher (Lach)Salven bekamen.

So schnell wie er den roten Kittel gegen einen grünen Sakko eintauscht, wechselt Schleich seine Charaktere.

Da passen Mimik, Habitus und Gestik wie angegossen, kein falscher Ton zerstört die Illusion · ob nun der holländische Showmaster Kack van Houten dummdreist sein Publikum verhöhnt oder Humorproduzent Bodo Bolzenkötter snobistisch über sein Metier philosophiert.
Wie sehr wir alle in deprimierenden Schemata verhaftet sind, entlarvt er in Gestalt Ferdinand Flügels, des Profi-Angstverleihers. Dem reicht ein einziges Schlagwort wie "Kopftuch" (Artikelname "Fremdeln"), um eine ganze Palette uneingestandener Vorurteile an die Oberfläche zu zerren.

Vom hundsgemeinen Schiss eines Otto Normalverbraucher über die deutsche Psychose (besser bekannt als "Osteln") bis zur posttraumatischen Verbitterungsstörung eines Edmund Stoiber hat er eine Unzahl menschlicher, gesellschaftlicher und politischer Varianten auf Lager. Alles in bester Qualität "made in Germany" · schließlich ist man dem Angststandort Nummer eins was schuldig.

Genussvoll seziert der Kabarettist menschliche und gesellschaftliche Ängste, enttarnt mit jedem Lacher des Publikums ein wenig mehr vom wuchernden Geschwür der Mutlosigkeit. Mit chirurgischer Präzision und gekonntem Witz lässt unter einer dicken Schicht heuchlerischer Großzügigkeit Neid und Missgunst aufbrechen, hinter denen sich ein Krebsgeschwulst von Hass verbirgt.

Bevor einem das Lachen im Halse stecken bleibt, sorgt Schleich immer wieder geschickt für einen Szenenwechsel zum leichten Humor. Stellt Erwägungen zum Reformkonzept "Sprachprivatisierung" an oder sucht auf Bänke kletternd mitten im Publikum die hochgiftige Schlange Susi. Grund zum Fürchten besteht am Ende nicht, denn gegen bissige Biester und treffsichere Schrotkugeln hilft Humor als Medizin · und von diesem Heilmittel hatte Schleich mehr als genug im Koffer.


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