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Kabarett
Geisenfeld-Online


Gnadenloser Beobachter menschlicher Schwächen

GZ, Magdalena Zurek 28.07.06


Noch immer ist ihm die "political correctness" ein Fremdwort, die Grenzen des guten Geschmacks überschreitet er ohne mit der Wimper zu zucken. Und dem Programmtitel zum Trotz glauben wir spätestens bei der ersten Zote eben doch, wen wir da vor uns haben: Denn Grünwald wäre nicht Grünwald ohne derbe Sprüche und böse Bloßstellungen. Genau dafür mögen wir ihn ja: Er spricht all das aus, was der Wohlerzogene sich (in diesem Wortlaut) nicht mal zu denken wagt – und noch viel mehr. Die Kunst der Stilbrüche, das Spiel mit der Erwartungshaltung des Publikums beherrscht der bekennende Ingolstädter perfekt, und so genossen auch die Besucher in Unterpindhart einen boshaft-vergnüglichen Abend.
 

Gnadenlos beobachtet der Endvierziger menschliche Schwächen. "Sperrige Charaktere" sind seine Leidenschaft; sie bringt er auf die Bühne, als wären sie ein Teil seiner selbst. Da ist der Onkel Hans, der im Suff über die jüngste Operation seiner Frau referiert. Oder der unterbelichtete Museumsbesucher, der dem Apfel von Schneewittchen sein Leid klagt. Umwerfend echt in seiner machohaften Beschränktheit erscheint der Depp in der Schlange bei MacDonalds, greifbar die dummdreiste Brutalität des Bodyguard. Da stimmen Mimik, Gestus und Sprache aufs i-Tüpfelchen.
Ohne Erbarmen weidet sich Grünwald an den Auswüchsen der modernen Gesellschaft, an Talkshow-Besuchern, die trotz Orangenhaut "mit nix als nem Schnürl am Arsch" vor die Kamera treten. An Lebenskrisen, die Frau per japanischem Makutsame-Kurs ("Die Kunst des Schrankeinräumens") und Mann mit einer Harley-Davidson zu lösen sucht (in Ermangelung untätowierter Zwanzigjähriger und weil das Motorrad billiger ist).

Sein erklärtes Ziel, zum "Mann mit dem Lotuseffekt, an dem alles abperlt" zu werden, erreicht Grünwald allerdings nicht. Dafür regt er sich zu gerne auf – über Kassierer, die statt sein Geld seine Postleitzahl haben wollen, und über Zigarilloraucher im Restaurant (gegen die er gern auf seine ureigene Art "anstinken" möchte). Oder über Eltern, die vor lauter saufen und "Super Nanny" schauen ihre eigene Brut vernachlässigen.

Mit Tabus geht Grünwald despektierlich um und legt dabei den Finger in so manche Wunde einer Gesellschaft, die Alter und Sterben verdrängt. Bei ihm "stochern die Alten mit Nordic Walking gegen den Verfall an" und der verstorbene Opa wird als Hüpfburg in das Leben der Kinder integriert.

Gibt es für ihn überhaupt einen Grund, positiv zu denken? Aber ja doch: Immerhin kann seine bayrische Heimat weltweit an der Spitze mithalten – "bei der Arschloch-Dichte im Land". Man hätte es auch durch die Blume sagen können, aber dann hätten wir nicht erkannt, wen wir da vor uns haben.


Grünwald gastiert in Unterpindhart

GZ 26.07.06


Muss man ihn noch vorstellen? Wohl eher nicht. Denn mit seiner monatlich im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlten "Freitags-comedy"-Sendung ist Günter Grünwald nicht nur eingefleischten Kabarettfans ein Begriff. Und trotzdem: "Glauben Sie ja nicht, wen sie da vor sich haben!" So der ausdrückliche Rat des Ingolstädters, der am morgigen Donnerstag im Rahmen eines Sommer-Specials auf der Unterpindharter Kleinkunstbühne live zu erleben ist (und zwar im neuen Stadel).
Auch Grünwalds neues Programm (sein letztes hatte er 2004 in Unterpindhart vorgestellt) ist geprägt von furiosem Sprachwitz, lautstarken Schimpftiraden, gnadenloser Ehrlichkeit und knallhartem Sarkasmus. Egal, ob die heutige Jugend, Swingerclubs, rüstige Senioren, Dorfdeppen oder Familienfeste – alles wird von dem Kabarettisten gründlich unter die Lupe genommen und auf seine gewohnt bissige Art und Weise analysiert.
Wer das "bayerische Urviech mit schwarzhumorigem Intellekt" in Unterpindhart erleben will, der sollte sich jedoch bereits ein Ticket gesichert haben. An der Abendkasse gibt es nämlich höchstens noch die eine oder andere Restkarte.
   




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