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Kabarett
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Vince Ebert: Pointen aus dem Leben gegriffenGZ Dienstag, 16. März 2004
Ellen Kellerer |
"Auf der Bühne ist
es Kunst, in der U-Bahn wäre ich ein Psychopath". Dieser Bekennersatz
des Vince Ebert, aufgetreten am Freitagabend auf der Kleinkunstbühne
beim Rockermeier, sagt eigentlich schon alles: Der Typ mit der "fluffigen"
Frisur im braunen Cordanzug, der in der Zugabe mit gelben Badelatschen
steppt, mit leichtem hessischen Einschlag eineinhalb Stunden über
seine mehr oder weniger erdichtete Vita faselt, der in einer Studentenbewegung
gezeugt wurde und als studierter Physiker das Handtuch geschmissen hat,
kann eigentlich nur Vergangenheitsbewältigung in kabarettistischer
Form betreiben. Und trotz vermeintlicher Lügerei hört man dem Mittdreißiger gerne zu, der es in seiner Kindheit nicht gerade leicht hatte. Die war ja geprägt vom Kalten Krieg, dem Nato-Doppelbeschluss und Apfelshampoo. Jetzt ist es für ihn, den bald 36-Jährigen, auch nicht leicht · "schließlich wissen wir ja alle, dass die Zeit zwischen 33 und 45 nicht einfach ist". |
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Und so ist der Kopfmensch Ebert,
der sich den Beruf des "Faulturmtauchers" als äußerst
spannend vorstellt, für Computerabstürze einen "Kumpel"
bräuchte und von stümpernden Handwerkern mit "Das guckt
sich weg" getröstet wird, eben zum Querdenker mutiert. Die Pointen schreibt Eberts Leben selbst - ob die Episoden mit Ex-Freundin Gudrun oder Erfahrungen mit Euphemismus in der Werbebranche: "Da würde man dann halt nicht sagen, Ottfried Fischer sei dick, sondern er ist eben vertikal benachteiligt". Nach fast zwei Stunden urkomischer Lebensbeichte war jedenfalls klar: Welch ein Glück für das Publikum, dass aus Eberts Physiker- und Werbefritzekarriere nichts geworden ist. Seine Welt ist halt einfach die Bühne, wo Rotlicht "Atmo" statt "Brutlicht" wie in der Geflügelfarm genannt wird, wo "Humor" beim Mann trotz Buckel, Glasauge und Holzbein als Statussymbol gilt, und wo man als Künstler nicht unbedingt gut aussehen muss, um sexy zu sein . . . |