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Erlebte Geschichte bei "Ekkelins Knecht"

Sehr interessanter Historienfilm mit hervorragende Erklärung zum geschichtlichen und filmischen Hintergrund.

Miek Michielsen
Fotos : Miek Michielsen
Bilder zum Film von Maggie Zurek


Auf die Frage warum er gerade diesen Film drehen wollte, bleibt Regisseur und Drehbuchautor Peter Klewitz die Antwort schuldig. Er sinniert eher weiter, weil ihn diese Frage selbst schon lange beschäftigt.
Sicher ist er ein Mittelalterfreak, der das Leben, wie es sich damals abgespielt hat, schon seit längerem erforscht. Dabei interessiert ihn das Leben der einfacheren Leute - fernab der Romantik und Glorifizierung die wir aus den meisten Epen und Filmen dieser Zeit kennen.

Dann gab es noch das Gedicht aus seiner Schulzeit (zu Eppelein von Gailingen) in dem es gerade über diesen Ritter ging und die vielen Sagen, die um ihm herum gesponnen wurden. Die Bekannteste ist die des Mauersprungs, um den sich ja viele Orte streiten, dass er bei ihnen stattgefunden hat. Warum hat es gerade diese Figur bis in unsere Zeit hinüber geschafft bekannt zu bleiben. Zu Lebzeiten war sie aber sicher nicht so bekannt, wie sie im nachhinein wurde.

Daher entwickelte Klewitz in seiner Regiearbeit auch die Figur des Konrads - die nach dem Ableben seines Herrn, dessen Ehre er retten wollte, in dem er ein Art "Robin Hood" für Arme wurde, im Kampf gegen die marodierenden Söldner, die immer wieder durchs Land zogen.
Dass hier ein Drehbuchautor mit Leib und Seele am Werk war, wurde nicht nur über die Erklärungen zum "Low Budget" Film klar. Die vielen Möglichkeiten die er ausschöpfte, von Rückblende über Zeitlupe und Gedankenblitzen, aber auch die bewusst eingesetzte langsame Geschichtsentwicklung, die einfach dazu führte, dass jeder im Saal sich entführen ließ in die Vergangenheit - in die Zeit des ausgehenden Mittelalters.

Die Liebe zum Detail in die er auch seine Mitarbeiter mitreißen konnte und die Lust an der Recherche wie es damals wirklich war sind schon Phänomenal.
Hier wurde es auch klar, was es damals hieß, "Untertan" zu sein. Sicher mussten Mägde und Knechte hart arbeiten, aber sie fanden auch ihr Zuhause in der Großfamilie, welche die Burgbevölkerung für sie darstellte. Daher war es auch für den Ritter "Ekkelin Geylin" eine Notwendigkeit, zum Raubritter zu werden, nachdem er mit der Hatz belegt wurde.

Er war immerhin für all diese Leute in seiner Burg verantwortlich und musste sie am Leben erhalten. Die einstigen ritterlichen Ideale verschwanden immer mehr, hinter dieser Notwendigkeit, seine "Familia" zu retten.
Die Krankheiten die damals (Pest und Syphilis) eine Geißel waren, finden zwar ihre Parallelen in der heutigen Zeit mit Aids und Co. Für junge Menschen ist es auch nicht mehr selbstverständlich, dass man dort, wo man aufgewachsen ist, auch wieder Arbeit findet. Trotzdem war jeder im nachhinein froh, nicht im Mittelalter gelebt zu haben.

Der Film wurde bewusst aus der Sicht des kleinen Mannes - hier in der Person des Konrads, dessen Eltern der Pest zum Opfer fielen und der daher heimatlos geworden war - gedreht. Eine Perspektive die doch eher unüblich ist bei Ritterfilmen und deshalb auch so interessant.
Wie Konrad, der seinerseits aber auch die blinde Treue seinem Ritter gegenüber lebt. Es wird sehr deutlich, dass er mit dem Mord an den Kaufleuten nicht einverstanden ist - aber genauso will er dem Dienstherrn treu ergeben sein. Seine eigenen Ideale und Vorstellungen der Ritterschaft verschwinden hinter dieser Treue, die er seinem Herrn geschworen hat.

Sein Privatleben - seine eigenen Wünsche werden hintangestellt durch die Dankbarkeit die er empfindet an diesem Ritterleben teilhaben zu können.
Sehr deutlich wird auch der Schutz den die Ritter ihrem Gesinde gegeben haben in der Person der Agnes - der Freundin Konrads. Sicher hat sie ein hartes Leben als Magd. Neid und Arbeit bis zum umfallen sind an der Tagesordnung. Wäsche waschen im Fluss und das Essen für die ganze "Familia" rechtzeitig auf den Tisch zu bringen. Nur wenig Freizeit haben. Das alles wird thematisiert.

Als sie aber geht, wird auch deutlich, dass trotz allem eine Verantwortung für einander da ist. Sie will zurück zu ihrer eigenen Familie in Nürnberg. Man versucht sie zu überreden zu bleiben, aber als ihr Wunsch so offensichtlich feststeht, halfen sie, wo es nur ging, schickten sogar noch eine Begleiterin mit, damit ihr so leicht nichts zustößt. Es hilft aber leider nichts. Sie wird Opfer der marodierenden Söldner, die, wie in den meisten Kriegszuständen, mit Geschlechtskrankheiten und Sonstigem behaftet sind.

Die Namen der Krankheiten werden nicht ausgesprochen um sie nicht noch schlimmer zu machen. Es ist halt "die Krankheit die sie von denen geerbt hat, gegen die kein Kraut gewachsen ist". Sie ist gezeichnet davon, sogar im Gesicht und hat daher keine Möglichkeit - auch nicht in der eigenen Familie - wieder Fuß zu fassen. Zu groß sind die Ängste sich anzustecken. Da bleibt ihr nur die Flucht in den Freitod - den sie sich aber nicht zutraut, da man in dieser Christlichen Zeit dann auch in der Ewigkeit verdammt ist.

Auch die Freundschaft Konrads zu Sebastian wird hintan gestellt, als dieser - gezeichnet von der Pest (die er wohl überlebt und überstanden hat) - um Hilfe bittet.
Sieben Jahre lang konnte Ekkelin Geylin den Mächtigen des Landes widerstehen, bis er durch Verrat gefangen genommen und hingerichtet wurde. Die Hinrichtung konnte ziemlich genau rekonstruiert werden, da die Rechnung davon in Nürnberg noch immer im Archiv ruht.

Der Hass des Herzogs muss so groß gewesen sein, dass er sogar die Strafen umdrehte. War es doch der Ritterschaft vorbehalten, eine schnelle und "relativ" schmerzfreie Hinrichtung zu bekommen, durch das Köpfen mit dem Schwert, so wurde dies in diesem Fall den Knechten zu teil. Dafür wurden die Ritter auf die extra für den Film nach original Vorbildern hergestellten "Räder" gerädert.

Eine sehr grausame Art der Hinrichtung , die ursprünglich für die niederen Schichten vorgesehen war. Die Augen vor diesen Grausamkeiten zu schließen, half dabei nichts, da übers Gehör die schlimmeren Informationen kamen, die diese Realität noch intensiver wahrnehmen ließen.
Alles in allem merkte man, dass jeder, der an diesem Film beteiligt war, dies auch mit Herzblut machte. Auch ohne digitale Bearbeitung des Ganzen, wäre ein Budget von mindesten 2 Millionen von Nöten gewesen, dieses Historiendrama zu drehen.

Mit weniger als 10 % dessen musste die Crew auskommen - was sicher zu dem Gemeinschaftsgefühl beigetragen hat - das auch im Mittelalter die Gemeinschaft in einer Burg zusammengeschweißt hat.
Aus Geisenfelder Sicht war es sicher schon etwas Besonderes sowohl den hiesigen Feilenforst als auch Geisenfelder Statisten wieder zu erkennen. Aber auch die Erklärungen der anwesenden Schauspieler, des Regisseurs und der Maske machten den Filmabend zu einem tiefgreifenden Erlebnis, bei dem Geschichte mal hautnah erlebt werden konnte. Man gewann sowohl Einblicke in den geschichtlichen Hintergrund als auch in die Tricks, mit denen die einzelnen Szenen so realistisch dargestellt wurden. Dies wird sowohl bei den Schülern am Vormittag, als auch bei den Erwachsenen im Abendprogramm, sicher nachhaltige Eindrücke hinterlassen.


Ekkelins Knecht

Freitag, 14.11.2008, 08:00 & 10:30 Uhr
Filmvorführung im Sitzungssaal des Rathauses
Film von Peter Klewitz (Autor) und Reinhard Kungel (Regisseur

Fotoseite von Maggie Zurek
weiterer Bericht von Maggie Zurek


Eintritt frei

Lehrplangemäß zum Geschichtsunterricht
für die 7. Klassen der Geisenfelder Schulen


Dauer 106 Minuten, anschließend

"Autor, Produzent, Schauspieler und Requisiten (Kostüme, Rüstungszeug) zum Anfassen".

Im Abendprogramm (19.30 Uhr) für Erwachsene, Eintritt 5,- €

"Ekkelins Knecht" - der andere Ritterfilm
Man schreibt das Jahr 1381. Durch herbstliche Wälder reitet der Rossknecht KONRAD (Philipp Sprongl) in der Rüstung eines toten Ritters. Sein Ziel: nachträglich die Ehre seines hingerichteten Herrn zu retten. Aber die Zeit ist im Wandel. Die Lehnstreue gilt nichts mehr, die Ritter werden städtisch, die Gesellschaft ist im Umbruch. Pest und Missernten plagen die Bevölkerung, Wegelagerer machen das Land unsicher. Konrad führt ein Leben auf Messers Schneide. Dabei hätte er es gut haben können: Geliebt von AGNES (Katrin Klewitz), geschätzt und respektiert von seinen Freunden. Doch sein Vorbild ist der fränkische Ritter EKKELIN GEYLING (Peter Klewitz).
Als der in einer Fehde zum Bauernopfer wird und auf der Straße steht, überfällt Konrad gemeinsam mit ihm die Kaufleute. Bis schließlich Ekkelins Gefangennahme und grausame Hinrichtung mit dem Rad der kriminellen Karriere ein Ende bereiten.

"Ekkelins Knecht" ist ein Ritterfilm, der ganz anders ist als alles, was man unter diesem Sujet sonst versteht.
Hier wird das Mittelalter aus dem Blickwinkel der kleinen Leute geschildert, die dem Spiel der Mächtigen ausgeliefert sind. Ein Historiendrama, ein Schwanengesang auf das Rittertum, eine Geschichte verlorener Ideale.

Der Film, der ab dem 01. Mai 2008 in ausgesuchten Kinos in Bayern startete, hat einen speziellen Bezug zu Geisenfeld, da der Autor des Drehbuchs (Peter Klewitz) einige Jahre als Redakteur des Pfaffenhofener Kuriers in Geisenfeld tätig war und Teile des Films in der Nöttinger Heide gedreht wurden.

Zum Bericht, reich bebildert
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