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Kabarett
Geisenfeld-Online

Sattes Typenkabarett

Helmut Schleich mit geradezu Zimmerschied'schen Einmanntheater

Miek Michielsen
Bilder : Miek Michielsen und Axel Schubert

Als sie in ihrer Begrüßungsrede den Parodisten Helmut Schleich mit Kabarettgrößen wie Sigi Zimmerschied verglich, hat die Kulturreferentin Anneliese Lackermair, gewiss nicht übertrieben. Die Register, die Helmut Schleich ziehen kann, um sein Publikum zum Lachen zu bringen, sind vielfältig und gekonnt. Egal ob er sein Publikum auf den Arm (die Bremer Lachmusikanten) oder sich selbst nicht allzu ernst nimmt oder die verschiedenen personifizierten Gegenstände wie Knödel, Schaschlick, Eissalat oder Müsliriegel darstellt, unsere Lachmuskeln kitzelt er damit immer wieder.

Verbale Neukreationen verblüffen durch ihren ungewohnten Klang, bringen dann aber doch nach einigen Verzögerungen die geplanten Reaktionen hervor. Egal ob die Rede ist von Bierzeltbulimie (Unmengen werden in sich reingegessen, möglichst fett... eine Maß Bier nachgeschüttet, dann geht alles wieder retour), vom weiblichen Tundragourmet (sächsische Schauspielerin, die kein Interesse zeigt an der Haute Cuisine) oder die bacchantische Generalsanierung angesprochen wird (deren Erklärung er offen lässt), immer wieder kommt der kurze Verarbeitungsmoment vor dem globalen Haha-Erlebnis des Publikums. Interessant auch seine Sicht auf Ramadan, dessen Ursprung im bayerischen zu suchen ist. "Wenn ich - so wie im Islam üblich - während des Tages nichts Essen darf, da ramadann nachts den Kühlschrank leer."
Selbstverständlich bleibt dieses Lachen auch mal im Halse stecken, wenn er mit seinem gedrillten Kanarienvogel, der zum pitbullhamstervertilgenden Fleischfresser mutiert ist, redet. Nichtsdestotrotz empfindet man die schauspielerische Leistung bewundernswert, die nötig ist, diese unterschiedlichen Persönlichkeiten nur mit Hilfe von Mimik, Gestik und Sprache charakterisieren zu können.

Es ist auch diese Verwandlungsfähigkeit, mit der er es schafft, 4 Personen gleichzeitig auf der Bühne darzustellen. Da streiten sich der Urbayer Herr Knödel, unterstützt vom böhmischen Frantisek Schaschlik mit dem esoterisch angehauchten Eissalat und dem sportlich überheblichen schmucken-schmacken Fitnessriegel.

Dass es die Mauer in den Kochtöpfen immer noch gibt, beweist er mit der Parodie auf Bioleks Alfredissimo, der sich gerade mit der sächsischen Schauspielerin (weiblicher Tundragourmet, die als Spezialität Bradkardoffeln ganz in Fett kochen will), trifft und sich als Mann von Welt aus mehreren Sackgassen der primitiven Kulinarik herauswinden kann, um dann letztendlich doch das Duell zu verlieren. (Ein brutzelnder NVA Panzer verhalf dem Stalinismus zu einem späten Sieg über die Toskana Fraktion.)

Oft fragt man sich, welche "Aussage" am besten trifft. Sind es die unschlagbare Komik seiner Mimik und Gestik oder ist es doch eher das was er sagt und mit einer pointierten Pause anschließend noch mal betont, oder sind es gerade die Aussagen, die er nur andeutet und nicht ausspricht? Wahrscheinlich ist es der gekonnte Wechsel zwischen den verschiedenen Arten des Slapsticks.

Gigantisch kommt er aber auch rüber, wenn er im Streit mit dem eigenen Körper in der dritten Person über seine körperliche Hülle schimpft, als ob er neben dran stehen würde und Krankheiten damit überlisten könnte, indem er in einem unbeobachteten Moment all das isst, was ihm von Ärzten und seiner kranken Hülle normalerweise verweigert wird.

Am Schluss fragt man sich, wem von diesen Persönlichkeiten er selbst nun am meisten entspricht? Wenn man ihn nachher in der Garderobe zu einem kurzen Gespräch trifft, stellt man dabei fest - eigentlich gar keiner so richtig, aber es steckt von jeder etwas in ihm drin!

Wie's auch treffend in der GZ vom 21. November berichtet wurde :
Kulturwoche: Kabarettabend setzte einen überaus gelungenen Schlusspunkt
Auf eine kulinarische Achterbahnfahrt durch die Tiefen des Verdauungstraktes nahm Kabarettist Helmut Schleich sein Publikum zum Abschluss der diesjährigen Geisenfelder Kulturtage mit. Mit seinem Programm "Das Auge isst man mit" riss Schleich die rund 200 Besucher in der Schulaula immer wieder zu begeistertem Applaus hin.
Mimische Mutationen im Sekundentakt, körperliche Wandlungsfähigkeit und "astreine" Stimmenimitationen · insbesondere die schauspielerische Leistung des Kabarettisten war es, die auch dieses Mal wieder das Geisenfelder Publikum beeindruckte. Ob als Feinschmecker oder Allesfresser, Knödelfreund oder Körnerfan ·Schleich gab seinen kabarettistischen Senf zum täglichen Brot. Was immer er auftischte, es sorgte für Begeisterung, so dass der Kabarettabend einen gelungenen Schlusspunkt unter ein ganz allgemein gelungene Kulturwoche setzte · von der sich die Besucher der verschiedenen Events erhoffen, dass sie zu einer festen Einrichtung in Geisenfeld wird.

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