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Münchner Schäffler wollen 1949 Geisenfelder Tanz verbieten lassen

Teil 4 der GZ-Serie über Geisenfelds Schäfflertanz handelt von lustigen und nachdenkenswerten Anekdoten

Geisenfelder Zeitung, Rudi Zurth
Donnerstag, 30.12.04
Fotos : Miek Michielsen, Peter Mühlbacher


In weit über hundert Jahren Geisenfelder Schäfflertanz ist so einiges passiert, was in der jeweiligen Zeit für viel Wirbel sorgte und was heutzutage als lustige oder nachdenkenswerte Anekdote Schmunzeln oder Erstaunen hervorruft. Wer etwa hätte noch gewusst , dass die Geisenfelder Schäffleraufftritte einmal per Strafandrohung verboten werden sollte? Bei der Zusammenstellung der folgender Anekdoten wurde der Autor dieser Serie, Schäfflerchronist Rudi Zurth, von Albert Koller unterstützt, der selbst seit 52 Jahren mit dem Schäfflertanz eng verbunden ist. Koller war im Laufe der Jahre Kasperl, später Arrangeur und 1977/1984/1991 Hauptleiter. Die Familie Koller ist beim anstehenden Tanzjahr in der vierten Generation vertreten, nachdem Urgroßvater Michael Koller, genannter Großvater Albert Koller und Vater Klaus Koller dem jungen Vortänzer von 2005, Benjamin Koller, in die Fußstapfen wiesen.

Werbung für den Schäfflertanz wurde bereits 1935 in der Presse gemacht: "Wohin, wohin in alle Welt? Nach Geisenfeld, nach Geisenfeld; ob Nah, ob Fern, wir sehen alle gern, ob Groß, ob Klein, wir laden alle ein, zu schauen unsern bunten Tanz, den Schäfflertanz, den Schäfflertanz."
Im August 1949 gab es gehörigen "Knatsch": Da schrieb der Fachverein der Schäffler Münchens an den Geisenfelder Bürgermeister: "Um den traditionellen Münchener Schäfflertanz vor Nachahmung zu schützen, haben wir uns mit dem Herrn Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München sowie mit Regierung und Ministerien in Verbindung gesetzt, wo wir vollstes Verständnis gefunden haben, dass nur der traditionelle Münchener Schäfflertanz den Namen Schäfflertanz zu Recht trägt. . . Der Fachverein wird im Einvernehmen mit Herrn Oberbürgermeister Wimmer bei jeder anderweitigen Aufführung des Schäfflertanzes Strafanzeige auf Grund Artikel 32 (Anm.: Unerlaubte Veranstaltungen öffentlicher Lustbarkeiten) des Polizeistrafgesetzbuches gegen die verantwortlichen Herren bzw. Vereinigungen stellen." Die Geisenfelder ließen sich davon aber nicht abhalten und tanzten trotzdem."Aufstand" einiger Schäffler.

1956 herrschte zur Tanzsaison eisige Kälte, und so wurde zum ersten Mal ein Ofen zum Aufwärmen mitgeführt. An einem besonders kalten Tag kam es aber dann zum "Aufstand" einiger Schäffler: Als statt einer versprochenen warmen Brotzeit nur kalter Presssack zur Brotzeit aufgetischt wurde, verließen einige "verbotswidrig" über die Fenster das Gasthaus und suchten die Nachbarwirtschaft auf. Der junge Schäffler Xaver Alter (Bruder Josef Alters) wurde deshalb von seinem Vater, der als Komiteemitglied fungierte, nicht lange zur Rede gestellt, sondern vor versammelter Mannschaft "abgewatscht".

Auch 1963 wurde wegen des strengen Winters wieder ein Ölofen mitgeführt und der Winter Fritz · der Roider Jackl der Holledau · war zum ersten Mal Hauptkasperl, was er noch 1970 und 1977 wiederholte. Seit 1984 steht ihm in dieser Position der Meyer Sepp in nichts nach.

Der heutige Bürgermeister Josef Alter war 1970 als 19-jähriger Schäffler Reifenschwinger. In diesem Jahr, als zum ersten Mal Marketenderinnen zum Einsatz kamen (Margit Weichenrieder, heute die Frau des Bürgermeisters, und Waltraud Obermayer, verh. Schaubeck), besuchten die Geisenfelder Schäffler Murnau · die Stadt, mit der Geisenfeld damals enge Verbindung pflegte.
(Foto links aus der GZ)

Ins Jahr 1970 fiel auch der 1000. Tanz seit Bestehen, und ausgerechnet hier passierte ein kleines Malheur: Als man um 12 Uhr, pünktlich mit dem Schlag der Kirchturmuhr, ausmarschieren wollte, fehlte der damalige Hauptleiter Josef Schneider · ausgerechnet einer, der auf Pünktlichkeit sonst größten Wert legte. Was tun? Der damalige Arrangeur, Albert Koller, und der gesamte Tross zogen trotzdem aus, und das Rätsel um den nicht anwesenden Hauptleiter löste sich erst später auf: Dieser hatte wegen einer Magenverstimmung ausgerechnet punkt 12 Uhr "aufs Örtchen" gemusst. "Verstimmt" zeigte sich der Hauptleiter aber auch noch nachher und rüffelte den Arrangeur wegen des "eigenmächtigen Ausmarsches" gang gehörig.

Überhaupt hatte der 1977 als Hauptleiter ausgeschiedene Josef Schneider junior einiges zu bekriteln. So steht im selben Jahr als persönliche Notiz von ihm in der Chronik: "In der Münchener Straße wurde vor einer Arztpraxis jedes junge Ding von Sprechstundenhilfe einzeln genannt: Bei einigen aufmerksamen Zuhörern machte das böses Blut." In diesem Jahr wurde auch zum ersten Mal von Josef Finkel ein Lautsprecher für die Kasperlverse zum Einsatz gebracht, montiert auf einem Fahrrad.

Großer Auftritt in München 1984 · 35 Jahre nach der Androhung einer Strafandrohung · tanzten die Geisenfelder Schäffler in München. Auf Einladung von Staatsminister Hans Eisenmann aus Pfaffenhofen wurde der Tanz im Landwirtschaftsministerium aufgeführt. Anschließend tanzte man noch auf dem Platz der Münchner Freiheit, wo Tausende Münchner Beifall zollten.

Im Jahr 1991 wäre nach 1942 der Schäfflertanz beinahe einem politischen Ereignis zum Opfer gefallen. Wegen des Golfkrieges von Präsident Bush senior wurde überlegt, die Tanzsaison abzubrechen. Der Gedanke wurde nach hitzigen Debatten jedoch verworfen, zumal der Tanz der Schäffler seinem eigentlichen Ursprung nach gerade in schlechten Zeiten (Pest) seine Berechtigung hat.

Im bislang letzten Tanzjahr 1998 fiel dem Chronisten unter anderem auf, dass die Bezeichnung "Fourier" (für die Verpflegung zuständiges Komiteemitglied) von einigen Beobachtern falsch verstanden wurde: "Des is` doch da Kollmuß! Der is` doch vo Geisenfeld und nicht vo Riah (Schillwitzried)!?!"

Auch aus 2005, so Chronist Rudi Zurth zum Schluss seiner Serie, "werden sicherlich Anekdoten bleiben, die im Zusammenhang mit unserem Geisenfelder Schäfflertanz die Geschichte überdauern. Freuen wir uns auf die bevorstehenden Tänze!"


Was macht eigentlich ein Arrangeur oder ein Fourier?

Teil 3 der GZ-Serie über die Geisenfelder Schäffler

Geisenfelder Zeitung, Rudi Zurth
Mittwoch, 29.12.04
Fotos :Miek Michielsen, Peter Mühlbacher


Wenn unsere Schäffler wieder tanzen, so muss man wissen, dass hier ein Team am Werk ist, das eng zusammenarbeitet. So sind in der Schäfflertruppe selbst die Funktionen eindeutig geregelt, und auch beim Komitee gibt es eine klare Aufgabenteilung. Im folgenden ein Überblick:

Zu den kostümierten Mitwirkenden gehören zum einen die Arrangeure. Diese (im 19. Jahrhundert noch "Voreigner" genannt) fungieren im Wechsel; sie geben zu Beginn und am Ende eines Tanzes der Musik die entsprechenden Zeichen und sind für den korrekten Tanzablauf verantwortlich. Weiter gehören dazu die Reifenschwinger, die sich von Tanz zu Tanz abwechseln. Dabei ist jeder der Reifen mit einem gefüllten Schnapsglas bestückt (ursprünglich Rotweingläser), wobei beim Reifschwung nach Möglichkeit kein Tropfen verloren gehen sollte.

Der Fähnrich hat die ehrenwerte Aufgabe, die Geisenfelder Schäfflerfahne voran zu tragen. 1893 wurde zum erstenmal die heute noch erhaltene und 1949 und 1986 restaurierte Fahne mitgeführt. 1886 trug man noch eine Standarte mit. Die beiden Vortänzer geben mit Stäbchen für jeden Einsatz, für jede Figur und für jede Änderung ihr Kommandozeichen. Alle Tänzer müssen ledig und Mitglied im Turnverein sein. Das Durchschnittsalter betrug stets zwischen 20 und 25 Jahre.

Zu den Tänzern gehören auch die Dübler , die am mitgeführten Fass symbolisch die Eisenreifen aufschlagen, die es zusammenhalten.

Der Kronenkreuzträger tritt bei der wohl schönsten Tanzfigur, der Krone, in Aktion. Er sorgt dafür, dass die Bogen in der richtigen Reihenfolge in die Kreuzstange gesteckt werden, und hebt dann den Mittelteil der Krone der Kreisbewegung folgend in die Höhe. Die Kasperl (im Sprachgebrauch der ersten Tänze "Hanswursten" genannt) sind die großen "Gaudimacher". Schließlich gibt der Hauptkasperl in gereimter Form alle Missetaten der Tanzspender zum besten. Die Marketenderinnen (erst seit 1970) sammeln die gespendeten "Naturalien" und kümmern sich um alle Unzulänglichkeiten (Verletzungen, Beschädigungen an den Kostümen). Sie sind im wahrsten Sinn des Wortes "Mädchen für alles".

Eine wichtiger Teil der Gruppe sind die Musikanten, die im ersten Tanzjahr 1886 aus sechs Geisenfelder Musikern bestanden. In den Jahren 1893 und 1900 kam die zehn Mann starke Militärkapelle der 1. Abteilung des Fußartillerieregiments zum Einsatz, da in dieser Zeit keine Geisenfelder Kapelle zur Verfügung stand. Von 1907 bis 1935 spielten immer wieder Geisenfelder Musiker das bekannte "Aber heit is koit". 1949 bis 1970 spielte die Schäfflerkapelle Eisl, die 1977 von der Ernsgadener Blaskapelle abgelöst wurde. Seit 1984 begleitet die Geisenfelder Stadtkapelle die Schäffler auf ihrem Marsch durch Stadt und Ortsteile.

Das dritte "Standbein" des Schäfflerteams ist das Komitee · mit dunklem Mantel und Gochs. Allen voran · doch erst seit 1949 · der Hauptleiter, der nicht nur die Gesamtverantwortung trägt, sondern auch verantwortlich zeichnet für den Organisationsplan und die PR-Arbeit. Ein unverzichtbarer Posten ist der Tanzleiter, der Monate vorher schon mit der Einstudierung der Tanzfiguren beginnt und mit Argusaugen jeden Tanz bei den Aufführungen betrachtet und, wenn nötig, auch regulierend eingreift.

Der Fourier (früher: Unteroffizier, der beim Militär für Unterkunft und Verpflegung zuständig war) sorgt dafür, das die gesamte Gruppe in den Pausen und am Abend eines Tanztages entsprechend versorgt wird.

Der Hauptkassier mit seinen Nebenkassieren sammelt das Tanzgeld und ist für die ordnungsgemäße Buchhaltung des gesamten Tanzjahres verantwortlich. Vorausleute haben die Aufgabe, den Tanz beim Tanzspender unmittelbar vorher anzukündigen und darauf zu achten, dass der nötige Platz für den Tanz vorhanden und bei Schneewetter geräumt ist. Der Tanzbegleiter führt die Truppe von einem Tanzort zum anderen und sorgt dafür, dass Tänzer und Musiker in geeigneter Form Aufstellung nehmen.

Die Gruppe der Beisitzer besteht zum einen aus dem 1. Vorstand des TV-Geisenfeld, zum anderen aus den Reifenbindern.

Der Chronist sammelt Presseberichte, Fotos und notiert Vorfälle, die von Wichtigkeit sein könnten. Er sucht auch Verbindung zu anderen Schäfflertanzorten. Ohne die Werber aber, welche die Tanzbestellungen einholen, wären keine Tanzaufführungen möglich.

Der morgige vierte und letzte Teil der GZ-Serie handelt von lustigen, aber auch von nachdenklichen Begebenheiten aus der langen Tradition des Geisenfelder Schäfflertanzes.


Erster Geisenfelder Tanz 1886 war als Faschingsgaudi gedacht

Teil 2 der GZ-Serie beleuchtet die Ursprünge im Markt

Geisenfelder Zeitung, Rudi Zurth
Dienstag, 28.12.04
Fotos : Rosi Radler


Im zweiten Teil der GZ-Serie anlässlich der bevorstehenden Schäfflerauftritte beschreibt Rudi Zurth die Geburtsstunde des Geisenfelder Schäfflertanzes:

Am Faschingswochenende, 6./7./8. März 1886, wurde in Geisenfeld zum ersten Mal ein Schäfflertanz aufgeführt. Und das kam so: Seit 1868 gab es neben dem Gesellenverein (Kolping) auch eine Turnerriege, entstanden aus der Geisenfelder Burschenschaft. Diese Turnergemeinschaft zerfiel jedoch bald wieder. In den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts (also mehr als zehn Jahre später) fand sich die Geisenfelder Burschenschaft abermals in einer Turnerriege zusammen, in der Herr Höflinger als Turnlehrer fungierte. Im Brenaglkeller am Sauweidberg (heute Anwesen Weczerek, Regensburger Straße) waren Turngeräte aufgestellt, an denen fleißig geübt wurde.

Viele dieser Burschen waren auch Mitglieder des Gesellenvereins, der damals als größter und bedeutendster Verein Geisenfelds galt. Doch ein Streit anlässlich einer Fahnenweihe des Gesellenvereins brachte den wiederholten Zerfall der Turnerriege. In dieser Zeit aber, also in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, hatten alljährlich zur Faschingszeit (damals vom "Unsinnigen Donnerstag" bis zum Faschingsdienstag) die Burschen Geisenfelds irgendeine Faschingsgaudi inszeniert. Dies wollten sich offensichtlich manche Burschen aus dem Gesellenverein und aus der aufgelösten Turnerriege auch im Jahre 1886 nicht nehmen lassen.

Eine der Triebfedern in diesem Jahr war der Steinmetzgehilfe Peter Westermeier, der im Steinmetzbetrieb Inderst (heute Steinbräu) arbeitete. Sein Bekannter Franz Xaver Deyerer war gelernter Schäffler und führte als Meister seinen Betrieb in Rottenegg. Deyerer tanzte bereits als 21-Jähriger im Jahre 1872 in München beim Schäfflertanz mit. So war schnell der Entschluss gefasst, im Fasching 1886 in Geisenfeld einen Schäfflertanz aufzuführen.

Über den Rottenegger Deyerer kam also der original Münchner Schäfflertanz nach Geisenfeld. Die Rottenegger sind heute noch darauf stolz, was sich zum einen an der Gedenktafel zeigt, die heute noch am Rottenegger Anwesen "Am Anger 1", dem alten Deyerer-Haus, angebracht ist. Zum anderen drückt sich die Verbundenheit der Rottenegger mit dem Schäfflertanz auch dadurch aus, dass allein für Rottenegg heuer zehn Tänze bestellt sind.

1886 konnte Deyerer als 35-jähriger, verheirateter Mann nicht mehr mittanzen, doch brachte er den Geisenfeldern als Tanzlehrer die Figuren bei. Auch damals schon wurde wie in München darauf geachtet, dass nur unverheiratete Männer als Tänzer zum Einsatz kamen. Bei diesem ersten Tanzjahr in Geisenfeld war Peter Westermeier Arrangeur.

 

Als erster Reifenschwinger stellte sich Alois Aiglsburger zur Verfügung, den man als echten Glücksfall bezeichnen kann. Er war ein Kolpingsohn aus dem Gesellenverein. Er stand den Schäfflern auch in den Jahren 1893, 1900 und 1903 als Vortänzer zur Verfügung und war lange Jahre Vorstand des 1893 im Anschluss an die Schäfflertanzaufführungen gegründeten Turnvereins. So erklärt sich die Tatsache, dass der Turnverein auch heute noch die Durchführung des Geisenfelder Schäfflertanzes übernimmt, zumal er aus den Reihen der Schäfflertänzer entstanden ist.

Die meisten Teilnehmer des ersten Schäfflertanzes 1886 kamen aus dem Gesellenverein und der zerschlagenen Turnerriege, und man kann feststellen, dass der Geisenfelder Schäfflertanz nicht im direkten Zusammenhang mit einer Pestepidemie steht, obwohl auch Geisenfeld · rund 250 Jahre früher · in den Jahren 1633 und 1643 beinahe 40 Prozent seiner Bevölkerung durch den schwarzen Tod verlor. Der Schäfflertanz 1886 war als Faschingsgaudi gedacht und hat daher auch so seine Berechtigung, da der Münchner Schäfflertanz doch auch nur zur Erheiterung der Menschen im Fasching aufgeführt wurde (siehe Teil 1).

In diesem ersten Schäfflertanzjahr sind viele Namen zu finden, die über Jahrzehnte hinweg die Geisenfelder Schäfflerbewegung und den TV Geisenfeld treu begleiteten, wie etwa Aiglsburger, Kreis, Rottler, Juli, Strobl, Bauer, Köstler, Forster oder Finkel. Schäfflerherberge war im ersten Tanzjahr das Gasthaus Maier (heute Geisenfelder Hof), das die "Stammwirtschaft" des Gesellenvereins war. Doch bereits sieben Jahre später wurde die Herberge in den "Fuchsbüchler" verlegt.

Aus welchen Teilen die etwa 70 Personen starke Schäfflertanzgruppe heute besteht, das wird im morgigen dritten Teil der GZ-Serie beleuchtet werden.

   

SCHÄFFLERTANZ 2005 Wegen der Pechdämpfe galten Schäffler gegen die Pest gefeit

Teil 1 der GZ-Serie beleuchtet die Ursprünge

Geisenfelder Zeitung, Rudi Zurth, Donnerstag, 23.12.04


Ab dem 2. Januar wird Geisenfeld ganz im Zeichen des Schäfflertanzes stehen · Anlass für die Heimatzeitung, in einer vierteiligen Serie alles Wissenswerte über den alten Brauch zusammenzufassen: von seinen Ursprüngen in München und seinen Anfängen in Geisenfeld über die mitwirkenden Akteure und die verschiedenen Tanzformationen bis hin zu lustigen und kuriosen Begebenheiten in den zurückliegenden Jahrzehnten. Autor der Serie ist der Geisenfelder Schäffler-Chronist Rudi Zurth, der im heutigen ersten Teil die geschichtlichen Ursprünge beleuchtet, die beim Münchner Schäfflertanz liegen.

Das Schäfflerhandwerk ist heute so gut wie ausgestorben. In früheren Zeiten waren die Schäffler · die Fassmacher bzw. die Büttner · angesehene Handwerker, die vor allem die Brauereien als Kundschaft hatten. Und da die Braukunst in Bayern fast in jedem Ort ausgeübt wurde, gab es auch dementsprechend viele Schäfflerwerkstätten. In München waren bei etwa 20 000 Einwohnern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 20 Schäfflerbetriebe ansässig, die 53 Brauereien belieferten.
Die Zunft der Schäffler hatte, wie jedes andere Handwerk auch, ihre Rituale und ihre Tänze. So ist mit Bestimmtheit davon auszugehen, dass es den Tanz der Schäffler bereits im 14. Jahrhundert gab, der zu den verschiedensten Anlässen zur Aufführung kam.


Ölgemälde von Alphons Bodenmüller

Gerne werden die Pestjahre 1350, 1462 und 1517 als Entstehungs- bzw. Wiedereinführungszeiten genannt. Der urkundliche Beleg für eines dieser Jahre vor dem 30-jährigen Krieg fehlt jedoch. Das erste Jahr, in dem sich der Münchner Schäfflertanz nachweisen lässt, ist nach Angabe des verstorbenen Staatsarchivdirektors Dr. Mitterwieser das Jahr 1683.

Aus diesem Jahr ist ein Dokument erhalten, das folgendes besagt: "Den Schäfflern, so zur Fastnachtszeit in der Residenz gefochten, sind zu einem Geschenk zugestellt worden 12 Gulden." Dies besagt, dass die Schäffler vor dem Landesherrn tanzten und fochten, also eine Art Schwerttanz aufführten, und dass dies in der Fastnachtszeit geschah.

Aber was haben die Schäffler mit der Pest zu tun? In der Zeitschrift "Der Bierbrauer Nr.4" · erschienen am 25. Januar 1935 · steht geschrieben, was in München über die Entstehung des Schäfflertanzes erzählt wird: Um die Fässer abzudichten, mussten sie gepicht werden, also mit Pech · gewonnen aus dem Harz der Bäume · ausgeschmiert werden.

Dazu wurde das Pech erhitzt, wobei stark riechende Dämpfe entstanden. Und durch das Einatmen dieses Pechrauches, so glaubte man damals, konnte man sich gegen die Pest wappnen. Die Schäffler galten daher gegen die Pest gefeit und es ging der Spruch um: "Es sind Gottes Gaben für ausgepichte Magen".
Es ist noch eine Anordnung des Münchner Magistrats von 1515 (Beginn einer schlimmen Pestzeit) erhalten, wonach die Schäffler im Stadtinneren ihre Fässer pichen durften. Auf den Pichplatz drängten sich die Menschen, um sich so vor der Pest zu schützen. Doch der Tod griff unbarmherzig zu. Die Leute schlossen sich in ihren Wohnungen ein und verriegelten Fenster und Türen. Doch als wieder einmal ein Schäfflergeselle die Pfanne mit heiß siedendem Pech durch die Straßen trug, entdeckte er der Erzählung nach, dass die Pest nachgelassen habe. Die Schäffler beschlossen, am nächsten Tag "an Sebastian" (20. Januar) hinaus auf die Straßen zu gehen und die Leute durch Spiel und Tanz aus den Häusern zu holen.

Langsam öffneten sich die Türen, und man wagte sich wieder auf die Straße. Herzog Wilhelm IV. dankte den Schäfflern für ihre mutige Tat und sprach den Wunsch aus, dass sie ihren Tanz zur Erinnerung an das Erlöschen der traurigen Pestkrankheit alle sieben Jahre zur Fastnachtszeit öffentlich wiederholen möchten. Der Rhythmus von sieben Jahren beruht vermutlich auf einer alten armenischen Sage, nach der die Pestgöttin alle sieben Jahre durchs Land geht.

Wie aber kam der Schäfflertanz von München über Rottenegg nach Geisenfeld? Darüber wird in Teil zwei der Serie nach Weihnachten berichtet.


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